Vertrieb und Psychologie: Heuristiken

Jeden Tag wird unser Gehirn mit unzähligen Reizen überströmt, die unsere Kapazität überfordern. Deshalb hat unser Gehirn Denkabkürzungen eingebaut – Alltagsregeln, an die wir uns unbewusst halten, um nicht alles bis ins Details zerdenken zu müssen.

Solche Abkürzungen oder auch „Heuristiken“ zu nutzen, spart Zeit und Energie und es gibt einige Muster in diesen Abkürzungen, die Vertriebler*innen kennen sollten. Bei allen Tipps & Tricks muss jedoch betont werden, dass sie nur sparsam eingesetzt werden sollten, denn die tatsächliche Kund*innenzufriedenheit mit dem Produkt sollte bei guten Vertriebler*innen immer oberste Priorität haben.

Hier kommen vier wichtige „Heuristiken“ die Vertriebler*innen sich merken sollten:

Die Verfügbarkeitsheuristik

Wie schnell Kund*innen etwas in den Sinn kommt, ist für sie eine wichtige Entscheidungsgrundlage. Besonders präsente Informationen werden besser bewertet als solche, die uns nicht sofort in den Sinn kommen. Positive Produktmerkmale sollten also sehr sichtbar und vor allem gut zu merken sein. Denn auch Wiedererkennung ist eine Information, die unsere Kaufentscheidung beeinflusst. Kund*innen sollten keine Mühe haben, schnell positive Merkmale des verkauften Produktes abzurufen und sie sich zu merken.

Der Ankereffekt

Es klingt vielleicht verrückt, aber eine beliebige Zahl kann Einfluss auf unsere Kaufentscheidung nehmen. Wenn wir eine Zahl hören, wird unser Preisempfinden wie an einen „Anker“ an diese vorherige Zahl angepasst, ganz egal, ob sie in einem Sinnzusammenhang steht oder nicht. Bei Preisverhandlungen ist es also sehr wichtig, welche Zahl zuerst genannt wird, da sie als Anker für alle späteren Vergleiche dient. Vertriebler*innen können also versuchen, zuerst einen möglichst hohen Preis zu nennen, sodass Kund*innen später verhandelte Preise günstiger vorkommen. Natürlich sollte man es mit diesem Tipp nicht übertreiben, da das Produkt den Preis auch wert sein muss, um die Kund*innenzufriedenheit nicht zu gefährden.

Door-in-the-Face-Technik

Diese Technik basiert auf ähnlichen Mechanismen wie der Ankereffekt: Äußert jemand zuerst eine sehr große Bitte, die abgelehnt wird, ist die Wahrscheinlichkeit anschließend höher, dass eine kleinere Bitte gewährt wird. Die erste Forderung dient somit quasi als „Anker“ und die zweite wie ein Entgegenkommen, sodass Kund*innen das Bedürfnis haben, ebenfalls entgegenzukommen. Die zweite Bitte sollte nur leicht abgeschwächt werden und die Bitte, um die es geht, sollte in beiden Fällen ähnlich sein.

Ein Beispiel aus dem Alltag wäre: „Kannst du mir das ganze nächste Wochenende beim Umzug helfen?“ – wird die Bitte abgelehnt, fragt man anschließend: „Okay. Kannst du mir dann wenigstens am Samstag beim Umzug helfen?“ – Die Wahrscheinlichkeit, dass die Person ja sagt, ist dann höher, als wenn man direkt nach dem Samstag gefragt hätte.

Foot-in-the-Door-Technik

Im Gegensatz zur „Door-in-the-Face-Technik“ wird bei „Foot-in-the-Door“ nicht gleich mit der Tür ins Haus gefallen. Stattdessen werden Bitten oder Forderungen langsam gesteigert. Wird eine Anfangsfrage formuliert, die Kund*innen ziemlich sicher mit ja beantworten, steigt die Wahrscheinlichkeit, dass sie ähnliche folgende Fragen ebenfalls mit ja beantworten, da sie im Einklang mit ihrer bisherigen Einstellung antworten möchten. Auch diesen Effekt können sich Vertriebler*innen zu Nutze machen und beim Vertrieb eines Elektroautos beispielsweise fragen: „Sie denken doch sicherlich auch, dass mehr für die Umwelt getan werden sollte.“ und auf solchen Aussagen, denen die Kund*innen ziemlich sicher zustimmen, ihre Verkaufsargumentation aufbauen.

Natürlich sollte auch dieser Effekt nur sparsam und mit Vorsicht genutzt werden und die Kund*innenbindung und Zufriedenheit mit dem Produkt immer an erster Stelle stehen.

Das gilt generell für alle Tipps aus unserer Kategorie „Psychologie und Vertrieb“, denn Kund*innen manipulieren zu wollen geht früher oder später zu Lasten der Beziehung, der Zufriedenheit und damit auch des Verkaufserlebnisses! Trotzdem kann man mit den paar kleinen, hier vorgestellten Techniken mehr aus einer Verkaufssituation herausholen und im Idealfall ein optimales Verhandlungsergebnis für alle Parteien bewirken.