(Vor)Reiterin Anja hat ihre Berufung zum Beruf gemacht 

Anja Tylkowski ist bei der Gothaer eine von 5 Bezirksdirektorinnen. Die Versicherungsvermittlerin aus Berlin leitet heute ein 12-köpfiges Team. Was ihr damaliger Traumjob mit ihrer heutigen Berufung zu tun hat, erfahrt ihr hier im Interview.  

 

Versicherungsvermittlerin war nicht immer dein Traumjob. Was hat sich geändert? 

Tatsächlich wollte ich als Kind Tierärztin werden. Ich war durch das Reiten immer viel mit Tieren zusammen und bis heute ist das immer noch meine Leidenschaft. In meiner kindlichen Fantasie wäre ich als Tierärztin ausschließlich mit gesunden und süßen Tieren zusammen. Ein Praktikum bei meinem Onkel, der als Landtierarzt in Mecklenburg gearbeitet hat, hat mich hier aber schnell in die harte Realität zurückgebracht und mir wurde klar, dass Tierärztin zu sein, mich durch mein hohes Maß an Empathie auf Dauer unglücklich machen würde. Ich würde mit jedem Tier leiden und würde es nicht schaffen, die Distanz zu wahren.  

 

Zweiter Plan war es, nach dem Abitur Architektur zu studieren. Etwas gestalten, kreativ sein. Hier brachten mich meine Eltern in die Realität zurück. Der Studiengang war zu dieser Zeit so sehr gefragt, dass mit mir noch halb Berlin Architektur studiert hätte. Ganz klassisch habe ich mich dann für ein duales BWL-Studium in der Versicherungsbranche entschieden. Mit dem anschließenden Einstieg in die Versicherungsagentur meines Vaters, einem Familienbetrieb der seit 1990 besteht, wollte ich mich aber nicht von meinem Kindheits- und Jugendtraum verabschieden. Ich habe eine Möglichkeit gesucht, die Liebe zu den Tieren und meine Kreativität mit den „langweiligen“ Versicherungen zu verbinden. So ist 2007 www.pferd-versichert.de entstanden. Ich konnte somit meinen Beruf zur Berufung machen und habe meine eigene Nische gefunden. 

 

Mit pferd-versichert.de warst Du in der Versicherungsbranche eine der Ersten, die den Schritt in das World Wide Web gemacht hat. Hast Du hier viel Gegenwind erfahren müssen? 

Gegenwind habe ich zu Beginn tatsächlich nie viel erfahren müssen, lediglich wohlwollende Mensch mit Bedenken und dann jene, die das Vorhaben belächelt haben. Die Idee war damals zu „abgefahren“ für die meisten, sodass viele nicht daran geglaubt haben, dass das jemals funktionieren würde. Das hat mich nicht gestört, denn ich habe an mein Ziel geglaubt und hatte Menschen um mich herum, die an mich geglaubt haben. Damit war alles gut.  

 

Mit den Jahren und meinem Erfolg kamen daher auch Neid, Plagiate und Missgunst hinzu. Aber Neid muss man sich erarbeiten, habe ich mal gehört. Die Annahme, dass online Geschäft von alleine kommt ist falsch. Dahinter steckt viel Arbeit, ein großes Team, ein hoher monetärer und administrativer Aufwand und vor allem ein sich stetig änderndes Ziel. Onlinevertrieb 2007 ist nicht mit 2023 vergleichbar.  

 

Für viele Frauen bist Du eine Vorreiterin. Was hat Dich dazu motiviert diesen Schritt zu gehen? 

Rebellion. Genau das Belächeln meines Planes und auch das Vertrauen der Menschen, die an mich glaubten, hat mich noch mehr motiviert und angespornt, die Website erfolgreich zu machen. Heute ist die Website eine der Grundlagen meines Unternehmens, gepaart mit dem seit nunmehr 30 Jahren gewachsenen Kundenbestandes in Berlin / Brandenburg.  

 

Ich habe die Agentur inzwischen von meinem Vater übernommen und ich bin heute sehr froh und dankbar darüber, dass ich so ein großes Team leiten und mit diesem unsere Kund*innen betreuen darf. 

 

Mir ist es wichtig, diesen Standard auch weiterhin zu halten und zu zeigen, dass ich keine Eintagsnummer bin. Ich trage viel Verantwortung, auch gegenüber den Familien meiner Mitarbeitenden. Das motiviert mich jeden Tag aufs Neue! 

 

Woran liegt es, dass so wenige Frauen an der Spitze einer großen Agentureinheit sind? 

Die Bezirksdirektion ist eine Agenturfunktion, welche mit hohen Ansprüchen und einer enormen Verantwortung verbunden ist. Aus der Historie heraus ist diese oftmals durch einen männlichen Inhaber besetzt und diesen wiederum zu ersetzen, setzt einen gesunden Respekt voraus. Man muss diese Hemmschwelle überwinden und sich auf den Prozess der Veränderung und des Wachstums einlassen wollen. Das passiert nicht von heute auf morgen. Hinter diesem Prozess muss viel Motivation und auch Mut stecken. Man muss sich trauen auch den schweren und unbequemen Weg zu gehen. 

 

Wie wichtig ist es Frauen, zu fördern? 

Sehr wichtig! Ich finde es schön zu sehen, wie sich die Gothaer dabei entwickelt und erkannt hat, wie wichtig es ist auch besonders den Nachwuchs, unsere Zukunft, zu fördern. Die Initiativen wie “Frauen im Vertrieb”, den „Go Women Day“ oder auch das Mentoring-Programm, welche die Gothaer ins Leben gerufen hat, tragen einen enormen Beitrag dazu bei.  

 

Wichtig ist, dass es grundsätzlich ein Angebot gibt, sich gegenseitig zu unterstützen, sodass wir uns ermutigen und austauschen können. So können wir gemeinsam mit unseren Stärken und auch Schwächen wachsen. Genau das versuche ich auch privat in der Erziehung meiner Kinder umzusetzen und sie zu starken Persönlichkeiten zu entwickeln. 

 

Was bedeutet für Dich Vertrieb? Und glaubst Du es gibt hier einen Unterschied bei Frauen und Männern?   

Für mich bedeutet Vertrieb der Mix aus einem Teil der Risikobetrachtung, aber sehr viel mehr Gefühlen und Emotionen. Ich verkaufe nicht rational und ich glaube, das ist es auch, worin sich die Vertriebler und Vertrieblerinnen oftmals unterscheiden. Ja, auch naturgegeben gibt es einen Unterschied zwischen den Geschlechtern, aber auch in der Mentalität. Das beste Beispiel ist der Vergleich zwischen meinem Vater und mir. Er ist Zahlen, Daten, Fakten. Bei mir ist es Gänsehaut, Fühlen und Empathie. Ich male meinen Kund*innen Bilder im Kopf. Auch die eigenen, privaten Schicksale und Ereignisse spielen hier eine wichtige Rolle. Für mich ist es so viel mehr als Zahlen, Daten und Fakten. Ich lebe und liebe meinen Beruf. Da ich beispielsweise keine ernsthaften Gefühle für ein Auto entwickeln kann, kann ich diese Sparte auch nur bedingt glaubhaft vermitteln. Dazu stehe ich auch, denn ich habe eine wunderbare Mitarbeiterin, die den ganzen Tag Autos berechnet und auch meine VIPs wissen, dass ich das Auto weder loben noch berechnen kann und das macht mich wiederum besonders. Ich kann sehr gut zugeben, was ich nicht kann.  

 

Wenn Du Deinen beruflichen Weg noch einmal Revue passieren lässt, würdest Du es nochmal genauso machen? 

Genauso und mit voller Kraft voraus! Ich liebe es und ich liebe meinen Beruf. Seit 20 Jahren bin ich nun in der Versicherungsbranche und dieser Job gibt mir die Möglichkeit und den Luxus, dass ich all meine Stärken, wie Kreativität, Werbung, Design und meine Leidenschaft zu den Tieren miteinander verbinden kann. Ich beherrsche den Job der „klassischen Versicherungstante“, bin das auch gern, aber zu jeder Zeit kann ich mein Leben und meinen Fokus frei gestalten und mich ohne Bandagen an neuen Projekten und Visionen ausprobieren.  

 

Du möchtest noch mehr über Anja erfahren? Im Königsmacherin Podcast kannst Du Dir Anjas Geschichte auch noch einmal anhören. 

 

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Autorin: Margarete Stäubler